Eine internationale Kurzhaarprüfung besonderer Art
Es war auf einer der großen Kurzhaarprüfungen, als wir gefragt wurden, ob wir uns als Verbandsrichter für eine IKP in South Dakota zur Verfügung stellen. Die IKP findet alle zwei Jahre in Deutschland oder in angrenzenden europäischen Ländern statt. Nach einem Verbandsbeschluss von 2013 räumte man den amerikanischen Klubs, die sich ausschließlich unserer Zucht- und Prüfungsordnung verpflichten, aus Kostengründen ein, in den USA eine IKP durchzuführen. So kam es also zu der ersten IKP in South Dakota (Nord-Amerika), ausgerichtet vom CDKA (Continental Deutsch-Kurzhaar Association)
Unsere Reise begann in Düsseldorf und führte uns über London nach Denver. Von dort ging es mit einer Inlands-Airline weiter nach Pierre. Nach ca. 16 Stunden Flugzeit erreichten wir sie, die Hauptstadt von South-Dakota mit ihren 13.000 Einwohnern. Empfangen wurden wir von der Präsidentin des Klubs Vanita Skinner und ihrem Mann Tom. Pierre liegt am Missouri-River, der zweitgrößte Fluss in USA, wo auch unser Hotel lag. Vor der Zuchtschau und Prüfung hatten wir die Möglichkeit, uns Pierre und Umgebung anzusehen.
South Dakota ist das Land der Büffel, den Bestand schätzt man auf ca. 35.000 Stück und ist das Symboltier der nordamerikanischen Prärie. Sie leben im Grasland, gespickt mit Gletscher-Seen und unterbrochen durch hügeliges Mittelgebirge mit tiefen Canyons. Einmal im Jahr findet im September ein Buffalo Round-up statt, eine Art Viehzählung. Da treiben die Wrangler, (Viehtreiber), auf Pferden mit Lasso und Colt ausgerüstet, die Herden zusammen, damit die Brandzeichen gesetzt werden können. Ein riesiges Spektakel, ein Volksfest mit Hot-Dog, Whisky, Bier und Indianer Wildwest-Kunst. Zwischen dem fruchtbaren Farmland z. T. mit Wald im Osten und dem Mittelgebirge im Westen erstreckt sich die endlose Prärie. Die Weite dieses Graslandes ist unbeschreiblich und kaum ein Gebäude steht dem Sonnenuntergang im Weg. Nur 780tausend Menschen wohnen in South Dakota und fast jeder Zwölfte ist ein Indianer. Wie aus Ehrfurcht vor der Weite drängeln sich die meisten rings um die zwei größten Städte an den entgegengesetzten Ecken des Staates, Sioux Falls und Rapid City.
Besondere Mythen ranken sich um den „Weißen Büffel“. In allen Indianer-Stämmen geht es immer wieder um eine Sage, um den Geist der weißen „Büffel-Frau“. Er sagt in seiner Botschaft die Unterstützung in Zeiten großer Gefahren voraus. Entweder sollen sich alle Völker (Indianer) spirituell vereinen, oder Chaos bricht aus mit Katastrophen, Krankheiten und Tränen in den Augen aller Verwandten. Verhindern kann all dies nur die Rückkehr des „Weißen Büffels“. Tatsächlich wurde dann 2002 ein weißes Büffel-Kalb in North Dakota geboren und drei weitere folgten. Dieses Phänomen weckte das Interesse des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums. Eine Untersuchung ergab, dass es sich hierbei nicht um ein Albino, sondern um ein reinrassiges Wildbison handelt. Die Geburt der weißen Büffel bewirkte bei vielen von Alkohol und Drogen beeinflussten Indianern eine Rückbesinnung auf spirituelle und geistige Werte ihrer Kultur.
Neben Büffel beheimatet die Prärie aber auch noch andere Wildarten, z. B. Pronghorn-Antilopen, Weißwedel, Koyoten, Pumas und neben Murmeltiere auch Dachse. Dazwischen grasen riesige Kuhherden mit ihren Kälbern, die völlig freilaufen und sich das ganze Jahr ohne irgendeinen Schutz dort aufhalten. Die große Überraschung für uns aber war das enorme Aufkommen von Fasanen und Grous. South Dakota ist eines der besten Fasanen Gebiete in den USA. In einer Statistik war zu lesen, dass 1945 noch 7,4 Millionen Fasanen erlegt wurden, allerdings ging im Laufe der Jahre auch hier der Bestand zurück. Im Jahre 2017 wurden aber immerhin noch ca. 900tausend Fasanen geschossen und es gibt große gemeinsame Anstrengungen, den Besatz wieder aufzubauen.
Natürlich reichte unsere „Freizeit“ nicht aus, alles zu sehen, aber wir bekamen doch einen Einblick in ein für uns völlig fremdes Land.
Die Prüfungstage der IKP begannen mit der Formwert-Überprüfung. Mit einer Ausnahme gab es keine besonderen Überraschungen. Die eigentliche Überraschung war die doch recht magere Beteiligung der amerikanischen Kurzhaarfreunde. Eine nicht gerade schmeichelhafte Bestätigung für die enormen Anstrengungen die der noch recht junge Klub unternommen hatte. Alles war bis auf den Punkt vorbereitet, mit viel Liebe zum Detail. Schade, dass diese Anstrengungen so wenig Beachtung fanden. Die anschließende Richterbesprechung klang aus mit einem gemeinsamen Essen und guten Gesprächen.
Der erste Prüfungstag sorgte gleich für eine „eisige“ Überraschung. Bei unserer Ankunft hatten wir noch Sonne und ca. 6-8° C. Allerdings machte sich auch da schon ein kräftiger Wind bemerkbar. In der Nacht gab es dann einen Temperatursturz und Schnee bedeckte weite Teile des Landes. Das Thermometer zeigte zwar Minusgrade, aber noch kälter wirkte der Wind, die gefühlte Kälte trieb uns die Röte und Tränen ins Gesicht.
Trotz dieser Umstände zeigten die Hunde erstaunliche Leistungen. Anfänglich hatten wir Bedenken, ob sie das Wild bei dieser Witterung überhaupt festmachen konnten. Bald wurden wir aber eines Besseren belehrt. Wir sahen tolle Arbeiten während der Suchen, trotz Wind und Schnee, die Nasen immer in den Wind, festmachen, umschlagen und festes Vorstehen. Natürlich half dabei das enorme Wildvorkommen. Fasanen und Grouse in jedem Suchengang. Hier konnte der Praktiker zeigen, wozu seine Nasenleistung fähig ist. Auch unsere Annahme, die amerikanischen Hunde seien an das Klima gewöhnt und zeigten deshalb diese Bilder, erwies sich als nicht richtig. Zwei Hunde aus Deutschland waren ebenfalls Teilnehmer dieser Prüfung und zeigten Bilder, die wir in dieser Vollendung selten gesehen haben. Ein fast 9jähriger Rüde (KS Oskar vom Theelshof mit seinem Führer Tobias Kawlath) spielte seine ganze Erfahrung aus und bekam dafür in der Suche und im Vorstehen 4h. Eine perfekte Vorstellung und dazu nochmal Glückwunsch an Tobias Kawlath. Der zweite Rüde aus Deutschland (Kyril aus dem Königswald mit seinem Führer Reiner Seidel) war übrigens der V 1 Rüde im Zuchtschau-Ring. Leider erfuhren wir nach unserer Rückkehr, dass er auf seiner ersten Treibjagd nach der langen Reise in Deutschland von einem Auto überfahren wurde. Unser Mitgefühl gilt Rainer Seidel, mit dem wir schöne Tage in Pierre verbringen konnten.
Wasserwild ist ebenso stark vertreten wie Fasanen oder Grouse. Tausende Enten und vor allem Gänse sammelten sich am Missouri-River und in den zum Teil riesigen Gewässern, die überall im Land verteilt sind. Meterdicke Schilfstreifen säumen diese und forderten den Hunden all ihr Können ab. Kleinere Teiche in ungünstigen Lagen waren zugefroren, an anderen aber konnten sehr anspruchsvolle Wasserarbeiten gezeigt werden. Trotz eisigem Wind und Kälte versagte kein Hund bei diesen Arbeiten. Ausgeprägter Finderwille und Durchhaltevermögen zeichneten diese Hunde aus, wohl unterstützt durch intensive Witterung, die sie überall vorfanden.
Für Führer und Richter war das ebenfalls kein Sonntags-Spaziergang, aber der Einsatz hat sich gelohnt. Erstklassige Leistungen der Hunde an beiden Tagen, Harmonie unter den Teilnehmern, ein Wildaufkommen von dem wir nur träumen können. Hier konnten die Hunde zeigen was sie können, oder auch bestätigen, was sie noch lernen müssen. Pierre und Umgebung wäre auch ein Platz für eine wirkliche „Zuchtauslese“. Für uns waren es neue Eindrücke, schöne Tage bei Freunden und Kontakte mit Führern und Hunden vom anderen Kontinent.
20. 11. 2018 FS + MB