….einmal Lappland und zurück

….einmal Lappland und zurück

….einmal Lappland und zurück 150 150 Vorstand

DSCN1585

Die Überraschung war perfekt. Anfang März 2013 erhielt ich eine Anfrage vom Hunting Club in Kuusamo / Finnland. We have great pleasure to ask you for judge to our dog show to Kuusamo. Gefragt wurde also, ob ich Interesse hätte, in Kuusamo/Nordfinnland eine Zuchtschau zu richten. Natürlich hatte ich Interesse. Von finnischen Kurzhaarfreunden hatte ich einiges über die dortige Zucht und auch von Problemen gehört. Darüber hinaus interessierte mich das Land der Lappen, wenn Kuusamo auch im südlichen Teil Lapplands liegt. Finnland mit seinen Wäldern und Seen, mit Mittsommer und Polarlicht, ein wirklich interessantes Land. Elche, Wölfe, Luxe, braune Bären und jede Menge Rauhfuß-Hühner bereichern die unendlichen Wälder dieser Region. Aber nicht nur Wild,  – Rentiere sind der Stolz der Finnen und davon gab es reichlich. Also zurück zur Anfrage. Der Termin Anfang Juli 2014 stand fest und so flog ich mit großer Spannung und Neugierde von Düsseldorf nach Helsinki. Der Weiterflug ging dann nach Oulu, an die Westküste des Landes. Dort wurde ich empfangen und abgeholt von der Club-Sekretärin Raija Neumanen. Die fleißigste Frau, die ich in diesen Tagen kennen gelernt habe. Sie war für alles zuständig und verantwortlich – ein Glück, wenn Clubs solche Mitarbeiter haben. Etwa 260 km lagen nun mit dem Auto noch vor uns. Die Straßen waren im guten Zustand und unser Weg führte uns vom Westen in den Osten durch endlose, 260 km lange Wälder. Begleitet von unglaublich vielen und schönen Seen und von Rentieren. Obwohl sie domestiziert sind, laufen sie frei herum, in den Wäldern, aber auch auf den Straßen, wie ich mehrfach sehen konnte. Mal waren es einzelne Tiere, manchmal ganze Herden. In dieser Zeit machten sich auch die Moskitos breit und quälten nicht nur uns, sondern auch die Rentiere. Sie verlassen dann die Wälder und halten sich an den Straßenrändern auf. Die dadurch entstehenden Gefahren sind nicht unerheblich. In Finnland passieren durchschnittlich 8 Unfälle am Tag, hauptsächlich mit  Rentieren. Während der langen Fahrt mit Tempo 100, dann mal 60, dann wieder 80 km/ h, gab uns genug Gesprächsstoff über Land und Leute. So erfuhr ich, dass die Winter in dieser Region lang und kalt sind. Manchmal beginnt er schon im September und dauert bis März/April. Die Durchschnitts-Temperatur beträgt dann ca. 35 Grad minus, der Schnee bringt es im Durchschnitt auf etwa 1 Meter. Somit ist Kuusamo, nahe der russischen Grenze und die weitere Umgebung ein weithin bekanntes Wintersport Gebiet. Hier lebt die Bevölkerung hauptsächlich vom Tourismus. Die Finnen selber sagen, dass sie im Winter hart arbeiten und den Sommer genießen. Der älteste Volksstamm, die Samen, brachten die Rentiere ins Land. Je größer die Herde, desto größer auch das Ansehen. Wenn man aber einen Finnen nach der Anzahl seiner Tiere fragt, ist das so, als würde man ihn nach seinem Kontostand fragen. Knapp drei Stunden brauchten wir bis zum Hotel, schön am Stadtrand gelegen – und natürlich am See. Alles war perfekt vorbereitet und nach der langen Reise, von 5 Uhr in der Früh bis 1.30 Uhr in der Nacht, war der Schlafbedarf so groß, dass ich von der Mitternachts-Sonne nichts mehr mit bekam. Für mich war es gewöhnungsbedürftig, bei strahlender Sonne in der Nacht zu schlafen – Mittsommer- Nacht. Die gemeinsamen Diskussionen wurden dafür etwas länger und die Nächte etwas kürzer. Eingeleitet mit  einem ausgedehnten Frühstück begann der nächste, noch freie Tag. Inzwischen waren auch die übrigen Richter, drei aus Deutschland und zwei aus Dänemark eingetroffen. Gemeinsam machten wir einen Besuch in einer Bären-Aufzucht Station, die ein Privatmann gegründet hat. Dort werden junge Bären, die ihre Mutter verloren haben, aufgefangen und betreut. Die meisten davon gehen in die Wildnis zurück, einige sind aber auch geblieben. Die hatten sich so sehr an die Pfleger gewöhnt, dass kein Bedarf nach Freiheit mehr bestand. So war der älteste Braunbär 28 Jahre alt und brachte ein Gewicht von ca. 500 Kg auf die Waage. Auch Wolfswelpen, Luxe, Füchse und Rentier-Kälber bekamen hier ihre Überlebens-Chance. Während der Verpflegungszeit konnten wir sehen, wie sehr hier die Menschen mit der Natur verbunden sind. Den Rest des Tages nutzten wir für die Vorbereitung der Zuchtschau am nächsten Tag. Der Präsident des Finnischen Vorstehhundklub Kimmo Vesanto gab uns dann einen Überblick über die Guidelines for Judges at Dog Shows in Finnland. Angeregte Gespräche und ein gutes Essen sorgten dann für die nötige „Bett-Schwere“. Der nächste Tag wurde mit einem gemeinsamen Frühstück eingeläutet und pünktlich um 10.00 Uhr begann dann die Zuchtschau. Die von mir gerichteten Deutsch-Kurzhaar machten ein durchschnittlich gutes Bild. Bei knapp 60 Hunden konnte ich keine Zahnfehler feststellen, ebenso keine Augenfehler. Substanz und Größe der Hunde entsprach unserer  Zuchtordnung. Bei einigen Hunden waren sehr schöne, typische Köpfe zu sehen, die Augenfarbe fast immer mittel. Auffallend waren aber die Bewegungsabläufe bei vielen Hunden. Fast jeder zweite zeigte deutlich nach außen gedrehte Ellenbogen, zum Teil so stark, wie ich das selten gesehen habe. Woher dieser Mangel kommt, konnten mir auch die Finnen nicht sagen. Ein Züchter hatte die Erklärung – finnische Richter achten gar nicht darauf. Zehenenges Gangwerk, lose Vorderfuß-Wurzelgelenke und z. T. auch Kuhhessigkeit in der Hinterhand waren weitere Zuchtprobleme. Hier muss der Finnische Verband nach Lösungen suchen. Diese und auch andere Probleme wurden dann beim abendlichen Dinner, zwischen Vorspeise und Hauptgang, von den Richtern vorgetragen. Die finnischen Kurzhaar-Freunde waren dankbar für jeden Hinweis – sowohl was die guten Seiten betraf als auch für jede Kritik. Bei gutem Wein  oder auch bei finnischem Bier klang der Tag aus. Es waren ereignisreiche Tage, geprägt von Harmonie, gemeinsamer Freude und Wissbegierde um unseren schönen Deutsch-Kurzhaar. Diese Gelegenheit möchte ich nutzen, mich bei den Verantwortlichen, bei den Organisatoren und bei den Ausführenden herzlich zu bedanken. Für mich war es ein Erlebnis, an das ich gerne zurück denke – besonders an Kimmo und Raija.

Herzlichen Dank und Waidmannsheil !!

Ferdinand Schlattmann